Was sind eigentlich implizite Signale? Implizit (von lat. “implicare” = umfassen) beschreibt Sachverhalte, die nicht aus sich selbst zu verstehen sind, sondern zunächst logisch erschlossen werden müssen. Bei etwas Gesagtem sind es Informationen, die zwar mit enthalten, mit gemeint sind, aber nicht ausdrücklich (explizit) ausgesprochen wurden.
Beispiel 1:
Explizit: “Mach bitte das Fenster zu.”
Implizit: “Mir ist kalt.”
Beispiel 2:
Explizit: “Ich will noch Apfelsaft.”
Implizit: “Meine Mutter hat gesagt, ich soll vor dem Rausgehen genügend trinken.”
Beim Empfang einer impliziten Botschaft ist man also gefordert, erst einmal zu verstehen, was gemeint ist. Gut, dass unser Gehirn auf so etwas vorbereitet ist.
Unser Gehirn: Pilot und Autopilot
Ähnlich spielt es sich in unserem Gehirn ab: Während der explizite, bewusste Teil (“Pilot”) unser Denken regelt, Fakten beurteilt, Sprache steuert und quasi der Spiegel unserer Vernunft ist, arbeitet das deutlich leistungsfähigere implizite System (“Autopilot”) weitgehend selbstständig und unbewusst. Man geht davon aus, dass bis zu 95 Prozent unseres Verhaltens implizit gesteuert werden. Dazu zählen Emotionen, Vorurteile, intuitive Entscheidungen, Sinneswahrnehmungen (Reize) und auch Lernvorgänge. Auch der Großteil der Kaufentscheidungen von Konsumenten ist der unbewussten Steuerung durch implizites Denken unterworfen. Dieses vereinfacht komplizierte Prozesse und arbeitet hocheffizient und schnell, weil unser Gehirn ständig eine Übermenge an Entscheidungen treffen muss (“Overload”). Der intuitiv denkende Autopilot spielt für unser Verhalten eine entscheidende Rolle und übernimmt das Steuerrad im Kopf, wenn wir unter Zeitdruck, mit Informationen überlastet, wenig interessiert oder unsicher bei einer Entscheidung sind. Zudem kann er Muster erkennen: Gewisse Reize werden in Muster transformiert oder führen zur Vervollständigung von Mustern. Da Konsumenten aufgrund bestimmter Muster auf eine Marke schließen können, setzt genau hier die Werbekommunikation an.
Wein und Nintendo: implizite Signale in der Werbung
Kaufverhalten kann durch häufig nicht bewusst wahrgenommene Reize beeinflusst werden. So wird z.B. im Einzelhandel mit visuellen, haptischen und akustischen Reizen oder sogar mit Düften gearbeitet. Das vielleicht berühmteste Beispiel für die verblüffende Wirksamkeit ist der Weinverkauf im Supermarkt: Bei französischer Hintergrundmusik werden französische Weine dreimal häufiger gekauft, bei deutscher Blasmusik werden dreimal mehr deutsche Weine gekauft. Der akustische, wahrscheinlich unbewusste Reiz lenkt die Kunden bei ihrer Kaufentscheidung in eine bestimmte Richtung. Nintendo nutzte für die Markteinführung der Wii optische Reize, und beim Launch der Spielkonsole war plötzlich alles weiß. Alle Nintendo Werbebotschaften waren in weiß gehalten, vom Internetauftritt über die Konsole, Controller und Zubehör bis hin zu den Spielen. Diese Strategie, die etwas an die lilafarbene Milka-Wand im Supermarkt erinnert, ermöglichte das leichte Auffinden von Nintendo Produkten in unübersichtlichen Elektromärkten. Die Konsumenten lernten implizit, die Farbe weiß mit Nintendo in Verbindung zu setzen.
Implizite Signale auf Webseiten erkennen
Ob man will oder nicht: Man sendet ständig implizite Signale aus. Was wir in der Face-to-Face-Kommunikation durch unseren Leib, Gestik, Mimik, Stimme, Körperhaltung/-bewegung und den Augen transportieren, läuft in der computervermittelten Kommunikation bzw. in der Massenkommunikation über Webseiten etwas subtiler ab. Doch auch beim Browsen und Surfen hinterlassen wir eindeutige implizite und analysierbare Signale, die z.B. eine Einordnung in vorab definierte Personas-Gruppen ermöglichen. Die Signifikanz erhöht sich massiv, wenn diese Signale noch durch ca. 5 bis 10 beantwortete Fragen pro UserIn untermauert bzw. bestätigt werden (Persönlichkeitsfragebogen). Dafür bietet sich beispielsweise ein Online-Beratungstool wie unser Fact Advisor an.
Auswahl an impliziten Signalen einer Customer Journey
● Die URL: Schon die naheliegendste Metrik verrät sehr viel über die BesucherInnen von Produkt- und Detailseiten: Präferierte Produkte und Warenkorb-Inhalte offenbaren die Vorlieben.
● Technologie: Welches Endgerät wird benutzt? Welcher Browser, welches Betriebssystem oder welche Bildschirmauflösung?
● Wochentag & Uhrzeit: Auch die Info, wann der Besuch stattfand, gibt Aufschlüsse über die UserInnen.
● In-Page-Analyse: Dieser von Google Analytics verwendete Begriff soll Metriken wie Seitenaufrufe, Verweildauer, Klickverhalten, Scrolltiefen, Heatmaps, Trichteranalysen usw. zusammenfassen, deren Auswertung die Userprofile schärfen und anreichern können. So gilt z.B. jemand, der oft auf einer Stelle klickt bzw. viel mit Filtern “herumspielt”, als “open minded” und “open for new experiences”.
Wenn eine fundierte Customer-Analyse, wie sie hier beschrieben ist, mit auf die Persönlichkeit abzielende Fragen kombiniert wird, bietet dies z.B. einer künstlichen Intelligenz ein hervorragendes Fundament, um die UserInnen kennen und verstehen zu lernen, bessere Vorschläge zu machen und noch effizienter zu beraten.
Das ist ein durchaus spannendes Thema, das es in Zukunft weiter zu ergründen gilt. Wie funktioniert das genau? Wie implementiert man das technisch? Wie automatisiert man die Analyse, die Rückschlüsse, und wie kann eine AI daraus lernen? All diesen Fragen gehen wir nach und nach auf den Grund. Wer aber schon jetzt mehr wissen will, kann uns gerne kontaktieren.